Zum Hauptinhalt springen

Wilhelm-von-Oranien-Schule Dillenburg

Lernen in Vielfalt -
Leben in Verantwortung

Zwei Seiten der Gier

Wahlunterricht-Kurs der WvO präsentiert stimmungsvolles Musical-Projekt

Man hört es immer wieder mal: Wenn es was zu erben gibt, zerstreiten sich vormals einträchtige Geschwister bis aufs Blut; das soll wohl in den besten Familien vorkommen. Auf die Spitze getrieben wurde dieser Topos vom Musical-Kurs der Jahrgangsstufe 10 an der Wilhelm-von-Oranien-Schule (WvO). Bei der Premiere ihres zweijährigen Projektes wurde das Publikum nicht nur mit dem Erbschaftsstreit in einer Multimillionärsfamilie aus der Immobilienbranche konfrontiert, sondern darüber hinaus mit einem schwindelerregenden Geflecht an Intrigen und Betrug, Affären und Mord. Dies alles verpackt in emotional passgenau komponiertem und live konzertiertem Musical-Sound.

Startschuss des Projektes war zu Beginn des Schuljahres 23/24: Yanina Iflazoglu, Lehrerin für Darstellendes Spiel, und Musiklehrer Nicolas Grebe trommeln in ihrem Wahlunterrichtsangebot Schülerinnen und Schüler der damaligen Klassen 9 zusammen, die sich für Musicals begeistern können. Bereits in früheren Jahren hatte die WvO mit überregional wahrgenommenen Musicalproduktionen von sich reden gemacht, der pädagogische Ansatz ist diesmal aber ein anderer: Der Kurs wird die komplette Darbietung selbst erarbeiten. Die Idee, der Plot, das Drehbuch, die Texte, die Melodien und auch Kulissen und Kostüme entstammen der Kreativität der Schülerinnen und Schüler. Logisch, dass die Lehrkräfte den zweijährigen Schaffensprozess unterstützend und beratend begleiten, auch ein externer Gesangscoach kann – dank Sponsorenunterstützung – engagiert werden. Und so reift in zwei Jahren harter Arbeit das Musical „Zwei Seiten der Gier“ heran, das nun Mitte Juni an zwei Abenden im Forum der Wilhelm-von-Oranien-Schule vor zahlreich erschienenem Publikum aufgeführt wurde.

Die Story ist mehr als hollywood-tauglich und bedient dramaturgisch alles, was eingefleischte Musical-Fans hören und sehen wollen:

Die erwachsenen Schwestern Sophie und Amber aus dem wohlhabenden Hause Carmichael müssen die Hiobsbotschaft verkraften, dass ihre Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sind. Bei der notariellen Testamentsverkündung – grandios mit viel Glitzer und Tamtam als Preisverleihung einer Gaming-Show inszeniert – kommen aber der aufrichtigen Sophie angesichts der höchst ungerechten Verteilung des Millionärsnachlasses erste Zweifel, ob hier alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Warum erhält Amber fast den gesamten Immobilienbesitz und zudem noch ihr eigener Ehemann John, den sie stets treu an ihrer Seite wähnte, auch noch mehr als sie selbst? Ihr Verdacht bestätigt sich rasch und wird durch einen beauftragten Privatdetektiv bestätigt: Der Flugzeug-Unfall war ein geplanter Mord! Und die Schuld wird zunächst von Amber, die mit Sophies Ehemann John eine heimliche Affäre hat, durch falsche Fährten der unschuldigen Schwester in die Schuhe geschoben. Diese wird deshalb sogar inhaftiert und erst durch die Recherchen des Detektivs entlastet. Die abschließende Gerichtsverhandlung mit Sophie als Angeklagter wird somit zum dramatischen Wende- und Höhepunkt: Freispruch für Sophie, aber Amber und John sind des Mordes und Betrugs überführt.

Dieses Happy End war angesichts des Genres Musical zwar absehbar, aber trotzdem spürte man der Inszenierung sowohl in den Liedern als auch in den Dialogen ab, dass sich die Jugendlichen sehr ernsthaft mit den problematischen Menschheitslastern Neid und Gier auseinandergesetzt hatten. Auch in unserer materialistischen Konsumgesellschaft liegt der Keim vieler Probleme darin, immer mehr haben zu wollen; möglichst viel, aber auf jeden Fall mehr als die anderen. Diese unersättliche Gier konnten die Schülerinnen und Schüler in ihrem Musical sehr eindrücklich vor Augen führen. Kaum jemand verfügt über ein millionenschweres Immobilienerbe, aber Missgunst und Neid fangen ja bekanntlich schon beim Gras an, dass auf der anderen Seite des Zaunes grüner ist als auf der eigenen.

Auch musikalisch war die Aufführung ein voller Erfolg: Die Projektband (Leitung Nicolas Grebe) und der Musical-Chor (Leitung Dr. Catharina Löffler und Ulrich Kögel) hinter der Bühne, die erst für den Schlussapplaus zum Vorschein bzw. auf die Bühne kamen, sorgten für ein abwechslungsreiches Musikerlebnis in verschiedenen Stilrichtungen und begleiteten die beeindruckenden Solo-Gesangsleistungen der Darsteller souverän.

Die beiden Lehrkräfte Yanina Iflazoglu und Nicolas Grebe zogen ein überaus positives Fazit nicht nur über die Aufführung, sondern über den zweijährigen Schaffensprozess: „Die Kooperation der Fächer Musik und Darstellendes Spiel und das Co-Teaching ermöglichten eine engmaschige, fachlich spezialisierte Betreuung des Kurses. Das Ergebnis, was die Schülerinnen und Schüler produziert haben, hat uns in dieser Qualität selbst überwältigt, und wir sind auf diese Leistung aller Beteiligten wirklich sehr stolz.“

Auch Schulleiter Martin Hinterlang zeigte sich nach der Aufführung beeindruckt: „Dass es gelungen ist, mit Neunt- bzw. Zehntklässlern in einem Zeitrahmen von zwei Schuljahren ein Bühnenprojekt zu planen und eine Aufführung in dieser Dimension auf die Beine zu stellen, mit allem, was organisatorisch und technisch dazugehört, das ist eine Meisterleistung!“



  • 2025
  • copyright Text: Markus Hoffmann, WvO
  • copyright Foto: Markus Hoffmann, WvO