Kabarettist Jens Neutag konfrontiert die Zwölftklässler der Wilhelm-von-Oranien-Schule mit seiner satirischen Analyse der gesellschaftlichen Gesamtlage
Das Setting ist der 95. Geburtstag des Großonkels Heini, der im Landgasthaus „Zum toten Tier“ stattfindet. Der Name des Landgasthauses „Zum toten Tier“ ist Programm und ein gutes Abbild der Speisekarte. Dort kommt die Familie zusammen und die Gegensätze zwischen den einzelnen Familienmitgliedern treten hervor: Der Cousin Karsten – „Karsten – mit ‚K‘. Wie ‚Kasten‘, aber mit ‚r‘ – ein hemdsärmeliger, zupackender, meinungsstarker, in den 80er Jahren stehen gebliebener Klartextredner, der zu allen etwas zu sagen hat und dieses auch ungefragt mitteilt, trifft auf Marvin, Generation Z, E-Bike-Fahrer und Veganer. Die Gegensätze zwischen „Schnitzel satt“ und „saure Gurke mit Ketchup und Mayonnaise“ als vegane Alternative im Landgasthaus streifen nicht nur die Speisekarte, sondern greifen auch aktuelle politische Konflikte wie das Heizungsgesetz der Ampelkoalition, die Furcht vor Putins kriegerischen Ambitionen gegenüber Westeuropa oder den Nahostkonflikt auf. Die Entwicklung von Sprache, die Frage, wie Sprache sich verändert und was heute noch gesagt werden darf, ist ein weiteres Thema. Sprachhistorisch spannt der Kabarettist hier einen Bogen von den Sprechgewohnheiten der Neandertaler über die Lyrik Walthers von der Vogelweide zu Goethes Faust.
Mit seinem Credo für eine Welt mit mehr Ahnung als Meinung gelingt es dem Kabarettisten, sein Publikum zum Lachen und Nachdenken zu bringen. Die Welt lasse sich nicht nur in Gegensätze, in Schwarz-Weiß-Schemata, in Gut und Böse unterteilen, sondern vielmehr stecke in jeder Sache auch etwas Positives, etwas Bedenkenwertes dahinter. Manchmal müsse man Karsten oder auch Marvin zustimmen – auch wenn man sich eigentlich dagegen sträubt.
Im Anschluss an das Stück stellte sich Neutag den interessierten Fragen der Oberstufenschülerinnen und -schülern. Er ermutigte sie, Chancen zu ergreifen und sich auszuprobieren. Mit einem rheinischen Sprichwort findet Neutag einen optimistischen Ausblick zu den Gegensätzen im Hier und Jetzt: „Am Eng weed all jood!“ (Am Ende wird alles gut.)
